Feuerwerk ist Leben

    Alain Stucki verkauft Feuerwerke. Er leitet einen Familienbetrieb in dritter Generation. Er äussert sich zu seinem Gewerbe aber auch zur Feuerwerksinitiative.

    (Bild: zVg) Alain Stucki vertreibt Feuerwerk für Private und Professionelle in dritter Generation.

    Herr Stucki, was bedeutet Feuerwerk für Sie?
    Alain Stucki: Feuerwerk ist ein Ausdruck von Lebensfreude. Es ist Kunst für den Moment, es ist Tradition.

    Warum haben Menschen Feuerwerke so gerne?
    Feuer fasziniert die Menschen schon seit ewigen Zeiten. Mit Feuerwerk kann man farbiges Feuer an den Himmel zaubern. Und zwar in verschiedenen Kombinationen der Effekte. Mal farbig und kraftvoll, mal leise und verspielt. Auch die Vergänglichkeit hat ihren Reiz! Man kann es zwar filmen und fotografieren, aber nur live wirkt es in seiner ganzen Pracht.

    Gerade die Schweiz hat eine bedeutende Feuerwerk-Kultur. Warum eigentlich?
    Zum ersten August wird seit sehr langer Zeit Feuerwerk gezündet. Schon mein Grossvater hat vor knapp 100 Jahren mit «Feuerwerk made in Switzerland» gehandelt. Die Fabriken existierten sogar schon lange vorher und haben ihr Wissen von Generation zu Generation weitergegeben. Seit dem Jahr 2000 wird auch der Jahreswechsel mit Feuerwerk gefeiert. Es ist eine neue lebendige Tradition geworden.

    Jetzt gibt es aber eine Volksinitiative, die Feuerwerke einschränken will. Was halten Sie davon?
    Die Initiative ist unverhältnismässig und schiesst weit über das Ziel hinaus. Es wäre das Ende der Feuerwerkerei in der Schweiz. Sie zeugt auch von Intoleranz, geht es doch vor allem um zwei Tage im Jahr.

    Die Initianten sagen aber, ihnen geht es gar nicht um Verbote, sondern um die Minderung der Lärmbelastung. Ist das Anliegen nicht gerechtfertigt?
    Die beliebten grossen Effekte am Himmel kann man ohne Knall nicht erzeugen. Zur Entfaltung der Bouquets am Himmel braucht es eine Explosion, welche die Sterne anzündet und auseinanderschleudert. Aber auch wir Feuerwerker möchten nicht, dass es täglich knallt. Bereits jetzt können die Kantone und Gemeinden das Feuerwerk örtlich und zeitlich beschränken oder es gar verbieten. So gehen sie am besten auf die lokalen Gegebenheiten ein. Deshalb ist lautes Feuerwerk in vielen Gemeinden nur am 1. August und Silvester erlaubt. Mit einer Bewilligung können sie dann trotzdem für einzelne Festanlässe, wie z.B. einer Hochzeit, ein kurzes Feuerwerk ermöglichen. Ein sehr vernünftiger föderalistischer Mittelweg.

    Welche Konsequenzen hätte die Annahme der Feuerwerksinitiative für private Feuerwerke?
    Der Initiativtext hätte zwei sehr konkrete Auswirkungen auf privates Feuerwerk: Feuerwerk, das Lärm erzeugt, wäre generell verboten. Also jede Rakete, jede Batterie und alle anderen Feuerwerkskörper, die man hören kann, wären untersagt. Auch am 1. August! Da sogar eine Tischbombe einen Knall erzeugt, gibt’s auch keine Tischbomben mehr am Kindergeburtstag oder Silvester.
    Selbst professionelle Feuerwerke wären betroffen. Denn diese dürfen nur noch bewilligt werden, wenn sie von «überregionaler Bedeutung» sind. Das heisst also, dass an einer Hochzeit, einem Jubiläum oder sogar einer 1. August Feier der Gemeinde kein professionelles Feuerwerk mehr durchgeführt werden darf. Nur noch die wenigen ganz grossen Feuerwerke sind möglich, die jetzt schon oft von ausländischen Firmen gezündet werden.

    Welche Konsequenzen hätte die Annahme für Sie als Geschäftsmann und für die Branche?
    Das wäre das Ende unseres Unternehmens. Nur vom Verkauf bengalischer Zündhölzli kann niemand in der Branche leben. Und es sind ja nicht nur die Hersteller und Grosshändler betroffen. Unzählige Drogerien, Papeterien, Spielwarengeschäfte und andere Detailhändler überbrücken die umsatzarme Sommerzeit mit dem Verkauf von Feuerwerk. Wenn das wegfällt, sterben noch mehr kleine Läden aus.

    Macht die Branche etwas, um die Lärmemissionen zu senken?
    Ja, wir sind aktiv. Zum einen bringen wir mehr Produkte auf den Markt, welche lärmreduziert sind. Man hört sie immer noch, aber etwas weniger laut. Und zum anderen informieren wir die Käufer mit Flyern, Plakaten, in sozialen Medien und am Verkaufsstand darüber, dass sie das gekaufte Feuerwerk nur am Abend des 1. August und Silvester zünden sollen aus Rücksicht auf die Nachbarn und Umgebung. Denn Feuerwerk soll Freude bereiten, dazu braucht es gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz. Wir stehen auch Gemeinden beratend zur Verfügung, wenn sie ihr Lärmschutzreglement überarbeiten und Feuerwerk zeitlich und örtlich beschränken wollen.

    Es gibt Leute, die verreisen über den 1. August bewusst ins Ausland um dem Feuerwerk zu entgehen. Was sagen Sie dazu?
    Ich möchte die Leute ermutigen patriotisch zu sein und am Nationalfeiertag in der Schweiz zu bleiben! Es gibt zum Beispiel schöne Orte im Bündnerland, die aus lokalen Gründen am 1. August auf Feuerwerk verzichten. Die freuen sich bestimmt über neue Gäste.

    Herr Stucki, gehören Feuerwerke zur Schweiz?
    Ja. Seit vielen Jahren und hoffentlich auch noch in Zukunft.

    Interview: Henrique Schneider

    Freude Dank Rücksicht
    Die Schweizerische Koordinationsstelle Feuerwerk ist der Branchenverband der schweizerischen Hersteller, Importeure, Grossisten und ausgebildeten Feuerwerker. Als gemeinsame Stimme der schweizerischen Feuerwerkindustrie stellt die SKF als Fachstelle für Pyrotechnika die Verbindung zu den Behörden bei Bund, Kantonen und Gemeinden her. Im gemeinsamen Dialog werden aktuelle Fragestellungen erörtert, zukünftige Themen frühzeitig aufgegriffen und behandelt. Sie führt eine Aufklärungskampagne nach dem Motto «Freude Dank Rücksicht».

    Was ist die Feuerwerksinitiative?

    Die Eidgenössische Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» will einen neuen Artikel 74a in die Bundesverfassung aufnehmen. Er lautet: «1. Der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, sind verboten. 2. Für Anlässe von überregionaler Bedeutung kann die zuständige kantonale Behörde auf Gesuch hin Ausnahmebewilligungen vom Verbot nach Absatz 1 erteilen. 3. Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.» Dabei haben Bundesrat und Parlament zwei Jahre Zeit, diese Vorschriften umzusetzen.

    Die Initianten wollen private Feuerwerke verbieten. Gemäss ihnen setzen solche Feuerwerke Kleinkinder, hochsensible Menschen oder solche mit Angststörungen und Traumata unter massiven Stress. Damit beeinträchtigen diese Feuerwerke die Lebensqualität und das Wohlgefühl nichtbeteiligter Menschen.

    Die Initianten machen auch geltend, dass private Feuerwerke Haus-, Nutz- und Wildtiere, v.a. Vögel, in Panik versetzen. Ferner sollen sie auch die Luft und den Boden verschmutzen. Durch pyrotechnische Mittel sollen Feinstaub und giftige Substanzen wie Dioxine in die Luft sowie dann auf und anschliessend in die Erde gelangen.

    Zuletzt sagen die Initianten, dass private Feuerwerke dem Schweizer Tourismus schaden. Viele Personen würden mit ihren Haustieren während der Nationalfeiertags-Festivitäten ins Ausland reisen und Hundehalter aus Nachbarländern verbringen in dieser Zeit keine Ferien in der Schweiz.

    Warum private Feuerwerke schädlich sein sollen, während andere Feuerwerke es nicht sind? Darüber geben die Initianten keine Auskunft.

    Henrique Schneider


    Bundesrat empfiehlt Ablehnung

    (Bild: pixabay) Feuerwerke gehören zur Tradition der Schweiz.

    Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 24. Januar 2024 beschlossen, dem Parlament die Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. So heisst es in der Medienmitteilung der Exekutive.

    Gemäss der gleichen Mitteilung geht die Volksinitiative dem Bundesrat zu weit. Er anerkennt, dass lärmiges Feuerwerk von einem Teil der Bevölkerung als störend empfunden wird. Zudem anerkennt er, dass es bei Tieren Reaktionen auslösen kann. Kritisch steht der Bundesrat gegenüber dem Argument der Initianten über Feinstaubemissionen und Lärm. Diese Auswirkungen sind eher gering.

    Die Kantone und Gemeinden verfügen bereits über die erforderlichen Rechtsgrundlagen, um Feuerwerke einzuschränken. Davon machen heute viele Städte und Gemeinden Gebrauch; sie schränken die Verwendung von Feuerwerkskörpern zeitlich und/oder örtlich ein oder setzen eine Bewilligung voraus.
    Auf der anderen Seite ist dem Bundesrat bewusst, dass viele Menschen in der Schweiz mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern sehr positive Emotionen verbinden. Er ist deshalb der Ansicht, dass landesweite Einschränkungen der Abgabe und Verwendung von Feuerwerkskörpern nicht nötig und unverhältnismässig wären.

    Auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv empfiehlt Ablehnung. Feuerwerke gehören zur Tradition der Schweiz, so die Mitteilung des Verbands. Private und kleine Feuerwerke sind mehr als ein Ausdruck von Lebens­freude. Sie bringen auch Menschen zusammen. Die Branche unternimmt grösste Anstrengungen, um Menschen, Tiere und Umwelt zu schützen.

    Die Feuerwerksinitiative ist unverhältnismässig, so der sgv. Sie gaukelt vor, nur gegen den Lärm vorzugehen, doch in Wirklichkeit will sie ein umfassendes Verbot aller kleinen und privaten Feuerwerke. Sie will ein gesetzliches Mikromanagement menschlicher Emotionen. Damit ist sie mit einer liberalen, freiheitlichen Schweiz nicht kompatibel.

    Henrique Schneider

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